Pflanzen und deren Blüten sind eine der schönsten Formen, die die Natur hervorgebracht hat. In den vergangenen Jahren jedoch blühten die Pflanzen durch die immer wärmeren Temperaturen auf der Erde zunehmend früher.
Als temperatursensitive Organismen dokumentieren sie so den Klimawandel wie feine Messgeräte. Darüber hinaus blicken Blumen, ihre Blüten und Blumenwiesen auf eine lange Tradition in der Kunstgeschichte als Motive in Stillleben und Landschaftsmalerei zurück. Je nach Kulturkreis und Blumenart stehen sie beispielsweise sinnbildlich für Weiblichkeit, Reinheit und Vergänglichkeit.
Sorry to the flowers ist eine Mixed-Media Installation, die einer zarten doch üppigen blühenden Blumenwiese gleicht. Die einzelnen Blumen bestehen aus filigranen artifiziellen Materialien, wie Laborgefäße, Kopfmassagegeräte und Butzenglas. Die anmutige Erscheinung der fragilen Gebilde, lösen das erhebende Gefühl der Freude und Faszination aus, wie es die Natur so oft in uns tut. Doch das Gefühl wird im selben Moment ad absurdum geführt, indem bei der näheren Betrachtung die Künstlichkeit der “Pflanzen” offensichtlich wird. Sie benötigen weder Wasser noch Sonnenlicht, um zu überleben, werden weder wachsen noch sich vermehren.
Sehen wir hier die artifizielle Wiese der Zukunft, die nach dem Bienensterben zur Realität wird? Durch die rotierende Lichtquelle über der Installation. Die erzeugten Schatten der Blumen bewegen sich rhythmisch am Boden, so als ob die Blumen dem Sonnenlicht folgen und von der leichten Sommerbrise in Bewegung gesetzt werden.
Paradoxerweise erwacht die artifizielle Installation zum Leben. Die Referenz zu kunsthistorischen Begriffen wie Mimesis und Simulacrum liegen nah. Nachdem es über Jahrhunderte das oberste Ziel von Künstler*innen war, die Realität so gut es geht nachzuahmen kommt im ausgehenden 19. Jahrhundert der Bruch. Die Frage, was für Potentiale Kunst abgesehen von Nachahmung vermag, eröffnet neue selbstreflexive Ansätze mit denen Genregrenzen und Materialhoheit gesprengt werden. Indem selben Maß wie es zeitgenössische Kunst vermag ihre eigene Rolle als Trägerin von Bedeutung offenzulegen, hinterfragt Cate Wind mit ihrer Arbeit Sorry to the flowers das Verhältnis von Landschaftsbild, - abbild und dessen Verhältnis zur Realität.
Wie zerbrechlich und konstruiert dieses Verhältnis ist wird durch die eng aneinandergereihten Glasblumen deutlich. Sollte eine der Blumen in dem fragilen Gebilde umgestoßen werden, würde der Domino Effekt die gesamte Wiese verwüsten. Dies verhält sich Äquivalent zum Klimawandel und dessen Folgen für die Natur, die, wenn wir sie weiter so behandeln, mit den weitreichenden Wechselwirkungen zunehmend Schaden nimmt.
Sorry to the flowers ist sowohl eine künstlerische Entschuldigung an den Planeten - unsere Heimat - zu lesen dafür, dass wir ihn nachlässig behandeln, als auch eine dystopische Zukunftsvision, die befragt ob Technologie und Technik unsere Natur ersetzen können. Wie würde unsere Umwelt mit einer technologisierten Natur aussehen? Auf poetische Weise hinterfragt die Installation die Grenzen zwischen synthetischem und organischem Leben. Und schreibt den kunstgeschichtlichen Topos der Vergänglichkeit der Natur weiter, indem die Fragilität der Natur in Zeiten des Klimawandels sinnlich erfahrbar gemacht wird.